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Dienstag, 23. Dezember 2014

Knigge

In den folgenden Tagen habe ich mir viele Gedanken gemacht und mich auch viel selber beobachtet. Während der Arbeit merkte ich, dass sich mein Gehör weiterhin verschlechterte. Telefongespräche wurden extrem anstrengend und es gab auch die ersten Missverständnisse. Ich habe damals am Empfang gearbeitet, in der Firma meines Vaters. Wenn ich an meinem PC sass, war die Eingangstür direkt hinter meinem Rücken. So passierte es, dass da Kunden standen und ich sie einfach nicht bemerkte. Einer ist dann mal ziemlich sauer geworden, kam von hinten zu meinem Schreibtisch, klopfte mit der Faust drauf und sagte: "Wie wär's mit arbeiten, anstatt zu schlafen?" Das waren dann so die Momente, wo der Wasserpegel in den Augen stieg. Man sagte mir dann, ich müsste mich in solchen Fällen beim Kunden entschuldigen. Aber wofür denn? Muss man sich wirklich entschuldigen für seine körperliche Beeinträchtigung? Oder musste ich mich für meine Mitarbeiter entschuldigen, die ja von meinem Leiden wussten und mich aber trotzdem alleine am Empfang liessen?
Wenn es auf der Arbeit jeweils Missverständnisse gab, da fiel mir auch extrem auf, wie man mich anschaute. Richtig prüfend, so à la: "War das jetzt wirklich ein Missverständnis oder hat sie das absichtlich gemacht, resp. nicht gemacht?" Ich spürte dann jeweils wie meine Backen schön warm wurden und sich zeitgleich wohl auch die Gesichtsfarbe zu verändern begann...  Wieso in aller Welt ist es so schwierig, wichtige Sachen schriftlich mitzuteilen?
Liebe hörende Menschen, ich war mal selber einer von euch ;-) und darum möchte ich euch helfen, mit einer kleinen Auflistung von Dingen, die wir Gehörlosen (oder Schwerhörigen) über alles lieben und schätzen.


  1. Bitte sprecht uns nicht von hinten an, da es nicht sehr effektiv ist.
  2. Sollten wir euch nicht bemerken, dann tappt uns nicht - so aus dem Nichts - von hinten auf die     Schulter.
  3. Schnurrbärte verdecken den Mund und machen das Lippenlesen nicht einfacher.
  4. Wir hören euch nicht besser, wenn ihr uns ins Ohr brüllt. Im Gegenteil. Das ist für uns genauso unangenehm wie für euch.
  5. Wenn wir euch nicht auf Anhieb verstehen, sagt nicht einfach: "Ach vergiss es:" Denn uns interessiert, was ihr uns mitteilen wolltet.
  6. Schaltet einen Film ein ohne Untertitel und sagt: "Du kannst dir ja einfach die wundervollen Bilder ansehen". Danke, die sind ja sooo toll!
  7. Schaltet für euch dann noch die Surround-Anlage ein, damit wir auch bei jeder Vibration ordentlich miterschrecken!
  8. Wenn wir sagen, dass wir schlecht hören oder gehörlos sind, dann müsst ihr antworten: "Ooooh, das tut mir sooooo  Leid"
  9. Redet bitte nicht ohne Mimik, ohne Punkt und ohne Komma.
  10. Zuletzt einer meiner Favoriten, ich höre ihn noch heute mindestens zwei mal die Woche: "...und wenn noch irgendwas ist, dann rufen Sie einfach an!"



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